Aufsichtsrat und Umsatzsteuer – BMF Information zu Konzernentsendungen

Tax News 2/2024

Umsatzsteuer

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Seit Beginn des UStG 1994 ist für Aufsichtsratsvergütungen eine (unechte) Umsatzsteuerbefreiung vorgesehen. Nunmehr hat das BMF eine Information dazu veröffentlicht, die folgende praxisrelevante Konstellation betrifft: eine Konzernmutter entsendet ihre Vorstände oder Mitarbeiter in Aufsichtsräte der Tochtergesellschaft und verrechnet das zustehende Entgelt an die Tochtergesellschaft; ist die Verrechnung nicht umsatzsteuerbar, umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig? Umsatzsteuerpflichtig laut Ansicht des BMF – das hätte aber erhebliche Konsequenzen für nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmen (z. B. Banken und Versicherungen).

Auslöser der BMF-Information vom 2.4.2024 war eine Anfrage der KSW vor dem Hintergrund jüngerer EuGH-Judikatur zur Unternehmereigenschaft von Aufsichtsräten (siehe dazu auch Unternehmereigenschaft eines Mitglieds des Verwaltungsrats einer luxemburgischen Aktiengesellschaft). In der Anfrage wird hinterfragt, ob entsprechend der traditionellen österreichischen Rechtspraxis die Aufsichtsratstätigkeit als unternehmerische Tätigkeit zu beurteilen ist, die gemäß § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. b UStG unecht umsatzsteuerbefreit ist, oder – entsprechend der EuGH-Judikatur – die Aufsichtsratstätigkeit nicht häufig gar nicht steuerbar ist.

Der Unterscheidung kam aus österreichischer Sicht bei der Leistungserbringung durch den Aufsichtsrat an die Kapitalgesellschaft keine Ergebnisrelevanz zu, weil beide Sichtweisen im Ergebnis zu einem nicht mit Umsatzsteuer belasteten Ausgangsumsatz und keinem Vorsteuerabzug für den Aufsichtsrat führten.

Dazu führt das BMF in der Information aus, dass die Beurteilung der Unternehmereigenschaft im Einzelfall erfolgen muss.

Leider führt das BMF darüber hinaus aus, dass es sich bei der Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. b UStG sowohl um eine sachliche als auch um eine persönliche Steuerbefreiung handeln soll. Daraus leitet das BMF ab, dass Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung ist, dass die Vergütung direkt an das Aufsichtsratsmitglied gezahlt wird.

Weiters hält das BMF in der Information fest, dass nur natürliche Personen Mitglieder von Aufsichtsräten sein können und die Leistung daher von der natürlichen Person erbracht wird.

Gleichzeitig stellt das BMF in der Information folgendes fest:

„Entsendet dementsprechend eine Konzernmutter ihre Vorstände oder Mitarbeiter in Aufsichtsräte der Tochtergesellschaft und wird das dafür zustehende Entgelt durch die Konzernmutter – und nicht durch die als Aufsichtsrat bestellte natürliche Person – an die Tochtergesellschaft verrechnet, handelt es sich um einen steuerpflichtigen Vorgang.“

Diese Aussage ist vor dem Hintergrund, dass die Leistung eben nur durch die natürliche Person erbracht wird, nicht gänzlich verständlich. Das würde bedeuten, dass die Konzernmutter eine Leistung verrechnet, die von der natürlichen Person erbracht wird. 

Abschließend hält das BMF in der Information fest:

„Während die Direktzahlung an das Aufsichtsratsmitglied Anwendungsvoraussetzung für die Steuerbefreiung ist, ist nicht entscheidend, von wem die Vergütungen getragen werden.“

Diese Aussage ist aus unserer Sicht so zu verstehen, dass das BMF dem Zahlungsweg eine umsatzsteuerliche Bedeutung zumessen könnte.

Ergebnis und Ausblick

Eine in der Praxis häufige Konstellation ist, dass Vorstände oder Mitarbeiter einer Gesellschaft als Aufsichtsratsmitglieder bei Tochterunternehmen fungieren.

Wenn natürliche Personen als Aufsichtsrat tätig sind und persönlich die Aufsichtsratsvergütung vereinnahmen, ändert sich durch die BMF-Information nichts. Die Vergütung ist weiterhin entweder nicht umsatzsteuerbar oder umsatzsteuerfrei. Das BMF legt sich nicht fest und verweist auf die Beurteilung im Einzelfall.

Diese Konstellation kann in der Praxis aber so ausgestaltet sein, dass das betreffende Aufsichtsratsmitglied die für diese Aufsichtsratstätigkeit bezogene Vergütung an den Arbeitgeber weitergeben muss. Aus Vereinfachungsgründen erfolgt die Zahlung in Abkürzung des Zahlungsweges direkt an den Arbeitgeber vom beaufsichtigten Unternehmen.

Die BMF Information könnte so verstanden werden, dass sich für diese Fälle eine Änderung ergeben soll, nämlich, dass diese Fälle umsatzsteuerpflichtig sein sollen. Das hätte zur Konsequenz, dass nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmen (z. B. Banken und Versicherungen) erhöhte Aufwendungen durch nichtabzugsfähige Vorsteuern erleiden.

Aus unserer Sicht ist kritisch anzumerken, dass diese BMF-Information fachlich zu hinterfragen ist und – soweit ersichtlich – sich weder auf Rechtsprechung noch auf eine breite Meinung in der Fachliteratur stützt. Dies wird bei der beschriebenen zweiten Fallkonstellation deutlich, da einzig eine Änderung des Zahlungsweges nicht zu einer anderen umsatzsteuerlichen Beurteilung führen kann.

Aus Vorsichtsgründen sollten Aufsichtsratsvergütungen aber wohl dennoch nur an die natürlichen Personen ausgezahlt werden, die allenfalls im Innenverhältnis die Vergütung an den Arbeitgeber weiterleiten müssen.