Mittelbare einheitliche Leitung i.S.d. § 9 Abs. 7 KStG durch Stifter i.Z.m. der Firmenwertabschreibung und deren Auswirkung

Tax News 1/2024

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Im Beschwerdefall (BFG 03.10.2023, RV/7101397/2023) war strittig, ob die Voraussetzungen des Konzernausschlusses iSd § 9 Abs 7 KStG (Firmenwertabschreibung) bzw. in weiterer Folge im § 12 Abs. 1 Z 9 KStG (Zinsabzugsverbot) erfüllt sind, was die Außenprüfung bejaht, und das Bundesfinanzgericht (BFG) bestätigt. Gegen das Erkenntnis des BFG wurde eine (ordentliche) Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH; Ro 2024/13/0005) erhoben. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob der VwGH sich dem BFG anschließt oder der VwGH zu einem anderen Ergebnis kommt.

1. Sachverhalt

Dem gegenständlichen BFG-Erkenntnis liegt ob der vielen Beteiligungsverschachtelungen und im Ergebnis zumindest in faktischer Hinsicht und im tatsächlichen Geschehen einer koordinierten Vorgehensweise der obersten Entscheidungsträger ein schier unübersichtlicher Sachverhalt zugrunde. Kurz zusammengefasst, wirken zwei Stifter, die auch selbstständig vertretungsbefugte Stiftungsvorstände der am Transaktionsvorgang maßgebend als Gesellschafterinnen beteiligten eigentümerlosen Privatstiftungen sind, sowohl auf Erwerber- als auch auf Verkäuferseite, wiederkehrend zusammen. Sie üben ihren Einfluss mittelbar nach Maßgabe der vorbehaltenen Rechte durch die eigentümerlosen Privatstiftungen als Gesellschafterinnen in koordinierter Weise zumindest auf die wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik aus. Obwohl es sich bei Stiftungen um eigentümerlose juristische Personen handelt und Stiftern keine Gesellschafterstellung zukommt, ist nach Ansicht des BFG das gegenständliche Vorliegen eines Konzerns i.S.d. § 9 Abs. 7 erster Anwendungsfall KStG (Konzerntatbestand) zu bejahen (BFG 03.10.2023, RV/7101397/2023). In weiterer Folge hat diese Sichtweise analoge Auswirkungen auch für § 12 Abs. 1 Z 9 KStG (Fremdkapitalzinsenabzug bei konzerninternen Beteiligungserwerben).

2. Konzernbegriff i.S.d. § 9 Abs. 7 KStG

§ 9 Abs. 7 KStG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des AbgSiG 2007, BGBl I, 2007/99, lautet auszugsweise:

„(7) Bei der Gewinnermittlung sind Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert (§ 6 Z 2 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988) und Veräußerungsverluste hinsichtlich von Beteiligungen an Gruppenmitgliedern nicht abzugsfähig. Im Falle der Anschaffung einer Beteiligung (Abs. 4) durch ein Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger oder eine für eine Gruppenbildung geeignete Körperschaft an einer betriebsführenden unbeschränkt steuerpflichtigen Beteiligungskörperschaft (Abs. 2), ausgenommen unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen [Hervorhebung durch die Autorin; erster Anwendungsfall] bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter, ist ab Zugehörigkeit dieser Körperschaft zur Unternehmensgruppe beim unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger eine Firmenwertabschreibung in folgender Weise vorzunehmen: …“

Die Firmenwertabschreibung i.S.d. § 9 Abs. 7 KStG und sowie der Fremdkapitalzinsenabzug bei Beteiligungserwerben gem. § 11 Abs. 1 Z 4 KStG wurden mit dem Steuerreformgesetz 2005, BGBl I 2004/57, eingeführt, um den Wirtschaftsstandort zu attraktiveren. Die „Konzernschranke“ war bereits in dieser Fassung enthalten. Der Gesetzgeber führte dazu aus „Wird eine Beteiligung im Zusammenhang mit einer Gruppenbildung erworben, so kann der mit den Anschaffungskosten bezahlte Good Will auf einen Zeitraum von 15 Jahren linear abgeschrieben werden. Der Abschreibungsbetrag ist mit 50 % der Anschaffungskosten begrenzt. Beteiligungen sollen jedoch nicht mit Abschreibungswirkung im Konzern hin- und hergeschoben werden, daher wird diese Möglichkeit ausgeschlossen. […] (EBRV 451 BlgNR XXII. GP, 6). Die Generierung von künstlichen Firmenwerten im Konzern sollte damit verhindert werden.

Das BFG greift i.Z.m. der Auslegung des Konzernbegriffs i.S.d. § 9 Abs. 7 KStG auf die hg Rsp des VwGH zurück, welcher auf den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff des § 15 AktG bzw. § 115 GmbHG abstellt. Weiters zitiert das BFG, dass für die Annahme einer (tatsächlich wahrgenommenen) "einheitlichen Leitung" i.S.d. § 15 AktG Mindesterfordernis eine sich "auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik" ist (VwGH 31.01.2018, Ro 2016/15/0020). Ein Konzern kann auch vorliegen, wenn kein Mutterunternehmen besteht, sondern die Leitung von einer anderen Stelle als Konzernspitze ausgeht. Nach dem BFG können auch mehrere Unternehmen eine Konzernspitze bilden, sofern ihre Leitungsmacht hinreichend koordiniert ist. Aus steuerrechtlicher Sicht wird auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise i.S.d. § 21 BAO unabhängig von etwaigen zivilrechtlichen Zulässigkeiten abgestellt.

Das BFG kommt somit im gegenständlichen Beschwerdefall in freier Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass die mittelbare koordinierte Ausübung einer einheitlichen Leitung auf Basis der faktischen Gegebenheiten als erwiesen anzusehen ist, wenn das tatsächliche Geschehen eine koordinierte Vorgehensweise zeigt und die involvierten Entscheidungsträger ob ihrer maßgebenden tatsächlichen Einflussnahme unabhängig etwaiger legitimierter organschaftlicher Vertretungsbefugnisse wirken. Der Konzernausschlusstatbestand i.S.d. § 9 Abs. 7 erster Anwendungsfall KStG liegt somit vor.

Der Vollständigkeit halber sei noch angeführt, dass die Firmenwertabschreibung gem. § 9 Abs. 7 KStG nur für Beteiligungen an betriebsführenden inländischen Gruppenmitgliedern, die vor dem 01.03.2014 angeschafft wurden, möglich war.

Allerdings ist das gegenständliche BFG-Erkenntnis für den Konzernbegriff i.Z.m. den Fremdkapitalzinsenabzug gem. § 11 Abs. 1 Z 4 KStG i.d.F. BBG 2011 (für Zinsaufwendungen vor dem 01.03.2014) bzw. für Zinsaufwendungen nach dem 28.02.2014 (§ 26c Z 49 KStG) im § 12 Abs. 1 Z 9 KStG von Bedeutung (KStR 2013, Rz 1266ad).

2.1. Fremdkapitalzinsen und Konzernausschlusstatbestand i.S.d. § 12 Abs. 1 Z 9 KStG (bzw. § 11 Abs. 1 Z 4 KStG i.d.F. BBG 2011)

Das BFG verweist auf die Erläuternden Bemerkungen zum Budgetbegleitgesetz 2011 (BBG 2011, BGBl I 111/2010) zur Gesetzesänderung i.Z.m. dem Fremdkapitalzinsenabzugsverbot bei konzerninternen Beteiligungserwerben. Das BFG kommt zum Ergebnis, dass es nach dem Gesetzeswortlaut sowie den Gesetzesmaterialien eindeutig zum Ausdruck kommt, dass ein Gleichklang des Konzernbegriffes des § 9 Abs. 7 KStG sowie den Zinsenabzugsverbot nach § 12 Abs. 1 Z 9 KStG besteht und dies dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Somit war im gegenständlichen Beschwerdefall der Zinsabzug ab 2011 aufgrund des Konzernausschlusstatbestandes auch nicht möglich (gem. § 26c Z 23 lit. b KStG gilt das Abzugsverbot im Konzern ab 01.01.2011).

3. Schlussfolgerung

Das hier diskutierte BFG-Erkenntnis zeigt für die Praxis, dass auch bei (unübersichtlichen) Beteiligungsverschachtelungen unter Einbindung von beteiligungshaltenden eigentumslosen Privatstiftungen i.S.d. österreichischen Privatstiftungsgesetzes bei wiederholtem Zusammenwirken personenidentischer oberster Entscheidungsträger für steuerliche Zwecke in einzelnen Bestimmungen der Konzernausschlusstatbestand erfüllt sein kann, wie gegenständlich für die Firmenwertabschreibung i.S.d. § 9 Abs. 7 KStG und das Zinsabzugsverbot gem. § 12 Abs. 1 Z 9 KStG (Zinsaufwendungen vor dem 01.03.2014 § 11 Abs. 1 Z 4 KStG i.d..F. BBG 2011). Die steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen ist diesfalls nach dem BFG somit nicht möglich.

Ob und inwieweit sich der VwGH im Hinblick darauf, ob ein Stifter mittelbar über eine Privatstiftung, als eigentümerloses Rechtssubjekt, eine einheitliche Leitung i.S.d. § 15 AktG ausüben und damit den Konzernausschlusstatbestand i.S.d. § 9 Abs. 7 KStG bzw. § 12 Abs. 1 Z 9 KStG erfüllen kann, der Meinung des BFG anschließen wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.