Whistleblowing – verpflichtendes internes Hinweisgeber:innensystem schützt bei der Aufdeckung von Missständen

Tax News - KMU Jänner 2024

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Neuerungen durch das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG)

Der Begriff Whistleblowing bezeichnet die Meldung von Missständen durch eine:n Hinweisgebende:n (Whistleblower:in) innerhalb eines Unternehmens oder an eine externe Stelle (z. B. Behörde). Mit der Whistleblowing-Richtline (EU 2019/1937) wurde von der EU der rechtliche Rahmen für die Einführung umfassender Hinweisgeber:innensysteme sowie den Schutz von Hinweisgeber:innen in den Mitgliedsstaaten geschaffen. Durch die Bestimmungen haben Unternehmen darüber hinaus die Möglichkeit, auf gesetzlicher Grundlage Meldekanäle einzurichten, Meldeprozesse zu lenken, Fehlverhalten ordnungsgemäß intern zu be- und verarbeiten und öffentliche Skandale allenfalls zu vermeiden. In Österreich wurde die EU-Richtlinie durch das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) umgesetzt und ist seit dem 25. Februar 2023 in Kraft.

Besteht für mein Unternehmen Handlungsbedarf?

Das Gesetz verpflichtet Unternehmen und juristische Personen des Öffentlichen Sektors mit über 49 Arbeitnehmer:innen, ein internes Hinweisgeber:innensystem einzurichten. Für bestimmte Bereiche (z. B. Finanzdienstleistungen) ist dieser Schwellenwert unbeachtlich, sofern es spezifischere Bestimmungen zum Hinweisgeber:innenschutz und zur Einrichtung interner Meldesysteme unabhängig von einem solchen Schwellenwert gibt.

Zur Feststellung der Anzahl der Beschäftigten gilt: Bei schwankender Belegschaftsstärke ist zur Abgrenzung die durchschnittliche Anzahl der Arbeitnehmer:innen während des vorangegangenen Kalenderjahres relevant.

Juristische Personen des Öffentlichen Sektors sind nach der gesetzlichen Definition Rechtsträger der Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung, soweit sie juristische Personen sind. Der Unternehmensbegriff ist weit gefasst und umfasst alle sonstigen juristischen Personen des Privatrechts. Darunter fallen Kapitalgesellschaften wie GmbH und AG genauso wie (gemeinnützige) Vereine, Genossenschaften, politische Parteien, Anstalten und Stiftungen. Ebenso erfasst sind rechtsfähige Personengesellschaften, dies sind OG, KG, EWIV.

Die Umsetzungsfristen – für Unternehmen mit 50 bis 249 Arbeitnehmer:innen war dies der 17. Dezember 2023 und für Unternehmen mit mehr als 249 Arbeitnehmer:innen der 25. August 2023 – sind zwar bereits abgelaufen, jedoch sind im Gesetz derzeit keine dezidierten Strafen vorgesehen, wenn betroffene Unternehmen die Regelungen nicht zeitgerecht umgesetzt haben. Eine schnellstmögliche Umsetzung der Vorschriften ist dennoch anzuraten.

Welche Rechtsbereiche sind umfasst?

Die Regelungen umfassen nicht alle Missstände oder Gesetzesverstöße, die jemand in einem Unternehmen oder einer Institution aufdeckt. Das HSchG gilt für die Hinweisgebung hinsichtlich (des Verdachts) der Verletzung von Vorschriften u. A. in den Bereichen:

  • Öffentliches Auftragswesen
  • Finanzdienstleistungen und Geldwäsche
  • Produktsicherheit
  • Verkehrssicherheit
  • Umweltschutz
  • Lebensmittelsicherheit
  • Tierschutz
  • Öffentliche Gesundheit
  • Verbraucherschutz
  • Datenschutz 
  • Korruption

Unternehmen und juristischen Personen des Öffentlichen Sektors steht es jedoch frei, ihren internen Meldekanal auch für Hinweise zu öffnen, welche nicht dem HSchG unterliegen.

Wen schützt das Gesetz – wer kann Hinweisgeber:in sein?

Wer in seinem beruflichen Umfeld relevante Gesetzesverletzungen oder Missstände aufdeckt, kann Hinweisgeber:in im Sinne des HSchG sein. Zu diesem Personenkreis gehören insbesondere

  • Arbeitnehmer:innen (aktive und ehemalige),
  • Bewerber:innen,
  • Geschäftsführer:innen,
  • Aufsichtsorgane,
  • Gesellschafter:innen,
  • Geschäftspartner:innen (auch Subunternehmer:innen) wie auch
  • Personen im Umkreis von Hinweisgeber:innen, die von nachteiligen Folgen betroffen sein könnten.

Das Gesetz bietet Hinweisgeber:innen einen besonderen Rechtsschutz. Dieser besteht insbesondere darin, dass sie als Folge eines berechtigten Hinweises keinen Vergeltungsmaßnahmen im Unternehmen ausgesetzt werden dürfen. Arbeitnehmer:innen sollen etwa vor Maßnahmen wie Kündigung, Suspendierung oder einer negativen Leistungsbeurteilung geschützt werden. Bei Geschäftspartner:innen gelten etwa die vorzeitige Aufhebung von Verträgen sowie der Entzug einer Lizenz oder einer Genehmigung infolge einer Hinweisgebung als eine solche Vergeltungsmaßnahme.

Das Gesetz sieht auch Schadenersatzansprüche für Hinweisgeber:innen vor, sollte es zu Einschüchterung, Mobbing, Rufschädigung oder der Herbeiführung finanzieller Verluste kommen. Wer potenzielle Hinweisgeber:innen dezidiert davon abhalten möchte, Missstände aufzudecken und Hinweise weiterzugeben, sie dabei behindert oder unter Druck setzt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 20.000, im Wiederholungsfall bis zu EUR 40.000 zu ahnden ist.

Welche Maßnahmen müssen Unternehmen umsetzen?

Betroffene Unternehmen sind zur Errichtung einer internen Meldestelle verpflichtet und haben diese finanziell und ressourcenmäßig ausreichend auszustatten. Als interne Meldestelle kommen einzelne Personen oder Abteilungen (wie z. B. HR oder Compliance) innerhalb des Unternehmens in Betracht. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, die interne Meldestelle auf Drittanbieter:innen (wie z. B. Notar:in, Anwält:innen, Consultingunternehmen) auszulagern.

Die Meldekanäle müssen insbesondere sicher betrieben werden, sodass der Schutz der Identität der Hinweisgebenden und Dritter gewährleistet ist. Meldungen müssen schriftlich, mündlich oder in beiden Formen möglich sein. Mündliche Meldungen müssen überdies telefonisch oder mit einem anderen Mittel der mündlichen Kommunikation gegeben werden können. Beispiele für interne Meldekanäle sind: 

  • Beschwerde-Briefkasten
  • Online-Plattform
  • Intranet
  • E-Mail-Adresse
  • Telefon-Hotline
  • Ombudsstelle
  • Gemeinsame Konzern-Meldestelle